Sind Simultandolmetscher sprechende Computer?

Simultandolmetscher werden manchmal mit Sprachcomputern verglichen. Die Schnelligkeit der Umsetzung mag, vor allem in der heutigen Zeit, den Vergleich mit Computern nahelegen. Aber der Vergleich ist nicht zutreffend.

Computer sind nicht in der Lage, zwischen den Zeilen zu lesen, während es für sie problemlos möglich ist, klar definierte Begriffe durch entsprechende Begriffe in der anderen Sprache zu ersetzen und zum Beispiel standardisierte Texte wie Stücklisten zu „übersetzen“. Doch das System ist innerhalb seiner Grenzen starr und lässt Interpretationen nur in geringem Umfang zu.

Sprache funktioniert nicht wie eine Rechenaufgabe
Die Sprache hingegen ist viel mehr als ein binäres System. Sie ist ein Universum, das in dem Augenblick, in dem es zur Anwendung gelangt, immer wieder neu erschaffen wird. Daher ist beim Verstehen immer auch Interpretationsarbeit zu leisten. Es gilt aus einer Vielzahl möglicher Bedeutungen die richtige auszuwählen. Und hier beginnt auch die eigentliche Arbeit der Sprachmittler.

Dolmetschen und Übersetzen bedeutet nicht, Begriffe einer Sprache durch Begriffe einer anderen Sprache zu ersetzen. Vor allem beim Dolmetschen geht es darum, „den in einer Sprache geäußerten Gedanken zunächst seiner sprachlichen Hülle zu entledigen, ihn zu sezieren, um ihn zu verstehen und um ihn sodann mit den Mitteln der Zielsprache in eine angemessene sprachliche Hülle zu kleiden“, schreibt Konferenzdolmetscher Jürgen Stähle in seinem Buch „Vom Übersetzen zum Simultandolmetschen“.

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