G7, Dolmetscher und Gamsbärte

Traditioneller Filzhut mit Gamsbart, freigestelltWeißbier, Brez’n, Weißwurst, Dirndl und Trachten. Beim Auftakt zum G7-Gipfel ging es zünftig bayerisch zu. Von den Dolmetschern wurden abgesehen von den üblichen Herausforderungen bei diesem Rahmenprogramm ganz spezielle interkulturelle Kompetenzen gefordert.

Die Süddeutsche Zeitung erläutert dies in einem Artikel vom 8. Juni 2015 anhand eines ganz konkreten Beispiels, das wohl nicht nur den US-amerikanischen Präsidenten in Erstaunen versetzt hat, sondern sicherlich auch so mancher nördlich des Weißwurstäquators nicht wüsste.

Sprachliches Schmankerl
Beim Empfang im niederbayerischen Krün hat sich Obama unter anderem auch für die „Staubwedel auf den Hüten“, wie die Süddeutsche es nannte, interessiert. Eine echte Herausforderung, da es kein englisches Wort für Gamsbart gibt. Aber die Dolmetscherin „findet offenkundig eine brauchbare Umschreibung und deutet dazu auf ihren Rücken, was an der Stelle sein dürfte, wo sie erklärt, dass die Haare für den Bart vom Rücken der Gams stammen“, so der Journalist in der SZ. Diese Erläuterung ist durchaus bemerkenswert und zeigt deutlich, wie wichtig es ist, sich als Dolmetscherin zielgerichtet auf einen Einsatz vorzubereiten und aus einem umfangreichen Allgemeinwissen schöpfen zu können.

Kulinarisches Schmankerl
Auch die Bestandteile eines typischen bayerischen Frühstücks sind sprachlich nicht ganz so einfach zu vermitteln. Im britischen Independent steht zu lesen: „A proper Weisswurst Fruhstuck (breakfast) includes boiled sausages with sweet mustard, freshly-baked pretzels and wheat beer.“ Nach einem Leckerbissen klingt das nicht gerade. Hier würde ich beim Dolmetschen doch eher zur Kurzvariante von „traditional Bavarian beer and sausages“ tendieren.

Fazit
Als Dolmetscherin muss man immer eine sprachliche Lösung bieten und sehr flexibel und kreativ auf die unterschiedlichsten Situationen reagieren können. Bei vermeintlich „Unübersetzbarem“ gilt es entweder beschreibend tätig zu werden und/oder die „richtigen“ Assoziationen zu wecken, damit im Kopf des Zuhörers ein möglichst ähnliches „Bild“ entsteht.

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