Wilde Natur in der Großstadt

Als ich vor einiger Zeit den Aufsatz von Christophe Girot für ein Buch über urban geprägte Kulturlandschaften übersetzte, ließ eines der darin beschriebenen Parkexperimente mich besonders aufhorchen. Es ging um den Naturpark Schöneberg-Süd in Berlin, der sich auf einer brachliegenden Gleisanlage entwickeln durfte.

Letzte Woche hatte ich nun endlich Gelegenheit, mir diesen Park anzusehen, oder besser gesagt, ihn zu erleben. Denn mit einem Park nach den üblichen Vorstellungen hat diese Wildnis nichts zu tun.

Magerwiesen und Pionierpflanzen
Seit mittlerweile sechzig Jahren werden die Gleisanlagen um den Rangierbahnhof Tempelhof nicht mehr genutzt, und auf einem Teil davon hat man der Natur freie Hand gegeben. Auf dem brandenburgischen Sandboden entwickelten sich Magerwiesen und siedelten sich typische Pionierpflanzen an. Mittlerweile stehen stämmige Birken und Robinien in Weichen und zwischen Gleisen – ein starkes Sinnbild für eine Natur, die sich ihre Welt jederzeit wieder zurückerobern kann, wenn man sie denn lässt. Der Mensch kann nur auf Stegen und vorgegebenen Wegen durch diesen Urwald mitten in der Großstadt laufen. Und obwohl rechts und links des schmalen Parks ICE-Züge und S-Bahnen vorbeidonnern, kann man hier Natur pur erleben.

Noch ist der Park ein echter Geheimtipp für Touristen, und ohne meine Übersetzung hätte ich den Weg dorthin wohl auch kaum gefunden.

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